Vor gut einem Jahr am Rhein: Mal wieder Hochwasser, aber ich wurde von den Gewächsen im Vordergrund abgelenkt. Was waren das bloß für seltsame, fast zweidimensionale Fächer?

Die Rinde an den Stämmchen war überwiegend glatt, aber die Zweige hatten in Stammnähe eigentümliche Auswüchse:

Hier eine Nahaufnahme dieser Leisten:

Die Leisten oder Flügel hatten den Zweigdurchmesser ungefähr verdoppelt. Wo Seitentriebe mit Knospen von den Zweigen abgingen, gab es kleine Lücken: 

Ich brach ein Stück aus einer der algenbewachsenen Leisten; es war fest und spröde:

An den jüngeren Zweigen setzte der Prozess gerade erst ein. Die Rinde brach in einer Linie auf und bildete Wülste:

Damals habe ich die Sache aus den Augen verloren und mich nicht um eine Bestimmung der Sträucher bemüht. Das änderte sich erst, als ich jetzt im Januar im Theodor-Heuss-Park, keinen Kilometer von der ersten Fundstelle entfernt, diesen Baum untersuchte:

Es handelt sich um einen Feld-Ahorn - ein vergleichsweise großes und altes Exemplar. Die Ahorn-Art ist gut an den alten Samen zu erkennen, deren Flügel paarweise eine Gerade bilden, statt einen Winkel einzuschließen: 

Am Stamm entdeckte ich neben einem alten Blatt, das mit seinen Rundungen ebenfalls eindeutig für Feld-Ahorn spricht, junge Zweige mit einer starken Kannelierung:

Diese Leisten bestehen aus Kork und heißen entsprechend Korkleisten. Werden sie länger, wie es etwa bei der Feld-Ulme der Fall ist, spricht man auch von Korkflügeln. Die merkwürdigen Sträucher am Rheinufer sind tatsächlich Feld-Ulmen! Über die Funktion des übermäßigen Korkwachstums bei beiden Arten weiß man wenig. Eventuell wird es durch Wind ausgelöst, was gut zum Standort am Rheinufer und zu den namensgebenden Habitaten beider Bäume, nämlich offenen Feldern passt. Demnach würden die Korklisten die Rinde festigen und die Zweige versteifen. 

Große und alte Feld-Ulmen, stattliche Bäume statt der zwei, drei Meter hohen Sträucher am Rhein, werde ich wohl nicht so schnell zu sehen bekommen in Köln - oder andernorts: Das Ulmensterben hat sie selten gemacht. Bei dieser Erkrankung befällt ein Pilz das Holz, der durch den Ulmensplintkäfer verbreitet wird. Da sich der zu den Borkenkäfern zählende Ulmensplintkäfer nur in Stämme ab einer Dicke von etwa 15 Zentimetern bohrt, stirbt die Feld-Ulme dennoch nicht aus: Es entstehen immer wieder junge Bäumchen mit dünnen Stämmen, wie ich sie am Rhein gesehen habe. Aber sobald sie gewissermaßen die Pubertät hinter sich lassen, welken ihre Kronen. Da hilft auch kein Kork.