Zugegeben, neu ist diese Struktur treuen Leserinnen und Lesern der Rubrik "Muster des Monats" nicht. Es handelt sich selbstverständlich um die Jahresringe eines gefällten Baums. Man sieht sie derzeit in den Wäldern und Parks besonders häufig - dank Friederike. So hieß der Wintersturm, der am 18. Januar - auf den Tag genau elf Jahre nach Kyrill - eine sprichwörtliche Schneise der Verwüstung durch Deutschland zog.  

Hier  ein anderer Ausschnitt mit stark erhöhtem Kontrast. Man erkennt das großporige Frühholz und das kleinzellige Spätholz, die sich abwechseln und die Jahresringe bilden, und sieht auch, dass das tote Kernholz dieser Baumart stark nachdunkelt, während das lebende Splintholz hell ist:

Bei unserer Karfreitagswanderung im Bergischen Land gab es dieses Jahr wenig liebliche Natur zu sehen: Aufgrund der Kälte der letzten Monate hinkt die Vegetation hinter ihrem Zeitplan her. Dafür sind die Folgen des Wintersturms noch allgegenwärtig, teils links und rechts der Wanderwege, teils auch auf ihnen:

Trotz des "stillen Feiertags" waren sogar Kettensägen zu hören: Die Beseitigung von Gefahren für Osterspaziergänger geht nun einmal vor. Auch in den vergangenen Wochen waren die Waldarbeiter fleißig. Hier sehen wir Kiefernstämme. Der Stamm in der Bildmitte wurde etwas unterhalb eines Astquirls durchgeschnitten; daher die sternförmige Struktur:

Kiefern gehören zu den Bäumen mit dunklem Kernholz, wobei die Nachdunklung nach dem Absterben des alten inneren Holzgewebes nicht immer so drastisch verläuft wie oben. Hier ein sehr umfangreicher, alter Stamm mit recht hellem Kernholz:

Über viele der neu gefällten Bäume werden sich die Schreiner nicht freuen. Zum einen weisen etliche Wuchsschäden auf wie dieses Exemplar:

Zum anderen hat der Sturm selbst das Holz zerrissen, wie hier zu sehen. Diese Kiefer war offenbar schon immer einseitigen Belastungen ausgesetzt und hat versucht, diese durch asymmetrisches Dickenwachstum auszugleichen. Aber gegen Friederikes Orkan-Böen war sie machtlos:

Andere Exemplare erzählen Geschichten von längst überwundenen Traumata. Stämme, die sich etwa wegen einer Verletzung zweiteilen und dann eine Doppelkrone bilden, nennt man Zwiesel:

Nicht nur Nadelbäume wie Kiefern reagieren mit einer Aufteilung des Stammes auf Verletzungen, sondern auch Laubbäume wie Buchen:

Übrigens beeinflusst die lokale Umgebung (Wind, Verbiss durch Rotwild, im Gebirge Steinschlag und Lawinen usw.) nicht nur das oberirdische Wachstum, sondern auch die Gestalt des Wurzelballens. Im Allgemeinen haben Fichten besonders flache Wurzelteller, während Laubbäume wegen ihrer im Sommer besonders schweren Kronen tiefer wurzeln und daher auch nicht so leicht umkippen. Aber wo etwa Gestein im Untergrund das verhindert, bleiben die Wurzeln so flach, dass ein Sturm auch mächtige Buchen fällen kann:

Zunächst verblüfft es, dass solche gesunden Bäume umstürzen, direkt daneben aber tote und schon halb zerfallene Stämme stehen bleiben. Aber die bereits abgestorbenen Bäume bieten dem Sturm mangels Krone viel weniger Angriffsfläche.

Das Kernholz von Buchen dunkelt nicht nach, sodass der Übergang zum Splintholz oft kaum auszumachen ist. Manchmal ist sogar das Splintholz dunkler:

 

Buchen wachsen viel langsamer als Kiefern und Fichten. Ihr Holz ist entsprechend dichter und härter. Dieses Exemplar hat sich seit Ostern 1971, also seit ziemlich genau 47 Jahren, offenbar kaum verändert:

Noch fester ist das Holz der Eichen. Hier hat es ein ziemlich altes Prachtexemplar erwischt:

Aus der Nähe erkennen wir vor allem in den jüngsten Jahresringen, direkt unterhalb des Kambiums, des Basts und der Borke, die hier in der Mitte fehlen, besonders große Gefäße im Frühholz (die dunklen Poren), durch die die Baumkrone mit Wasser versorgt wurde. Außerdem sehen wir Markstrahlen, die von der Mitte des Stamms nach außen verlaufen und Nährstoffe transportiert haben: 

Markstrahlen, Gefäße und den Aufbau von Holz habe ich vor einigen Jahren schon einmal näher vorgestellt: im Artikel "Auf dem Holzweg".

Unsere Wanderung führte zum Teil durch ein Naturschutzgebiet, in dem sich die Waldarbeiter besondere Mühe geben müssen, wenn sie Bäume fällen und die Stämme abtransportieren. Sie setzen hier sogenannte Seilbahnkräne ein, um auf die Störung des Bodens durch schwere Fahrzeuge verzichten zu können. Die Bäume werden nach dem Fällen von ihrer Rinde und allen Ästen befreit, die vor Ort verbleiben, und werden an einem gespannten Seil ins Tal transportiert.

Das Geäst gibt dann über viele Jahre seine Nährstoffe an den Boden ab und bietet Moosen, Flechten und Kleintieren ein Zuhause: