Zugegeben, besonders "schön" (etwa symmetrisch) ist diese Struktur nicht. Der erstarrte Schaum repräsentiert eine ganze Klasse von Gesteinen, die ich im Folgenden vorstelle.

Im Februar war ich auf der kanarischen Insel Teneriffa, die vom Vulkanismus geprägt ist - und zwar nicht nur in der Vorzeit: Der Teide stößt immer noch Schwefeldämpfe aus, und der letzte größere Ausbruch hat 1909 stattgefunden, vor gut 100 Jahren. Damals spie der Chinyero - zehn Kilometer vom Teide-Gipfel entfernt - gewaltige Lavamassen aus. Heute wirkt er (oder das, was von ihm übrig ist) ganz friedlich:

In diesem besonders langen, weil bildreichen "Muster des Monats" stelle ich verschiedene Erscheinungsformen von vulkanischem Gestein vor - Feinstruktur, Formen, Farben und so weiter - und zeige im letzten Teil, wie die Bevölkerung Teneriffas dieses Ressourcen genutzt hat.

Überall auf der Insel findet man poröse Gesteinsbrocken: Bei einer Eruption wird gashaltige Lava in die Luft geschleudert, und je nach ihrer Zusammensetzung und den örtlichen Bedingungen fallen die erstarrten Brocken anders aus, sowohl farblich als auch strukturell. Hier ein besonders leichtes Exemplar.

Ich habe diesen Tuff-Brocken einem Schwimmtest unterworfen; er ging unter. Die meisten Hohlräume sind recht groß und stehen miteinander in Verbindung, sodass Wasser in sie eindringen kann. Anders war das vor einigen Jahren mit diesem Bims-Klumpen aus der Vulkaneifel:

Schon seine helle Farbe deutet auf eine sehr große Zahl sehr kleiner Hohlräume hin. Durch sie ist das spezifische Gewicht dieses Steins niedriger als das von Wasser - ein Definitionsmerkmal von Bims:

Die Löcher, die das Gas in der Lava beim Erstarren bildet, können alle möglichen Größen haben. Manche Gesteinsbrocken erinnern an Schweizer Käse:

Bei diesem großen Klumpen sind in vielen Löchern Steinchen von anderer Zusammensetzung zu finden, die die Lava vermutlich mitgerissen und nicht aufgeschmolzen hat:

 Auch Stricklava oder Pāhoehoe-Lava, die bereits im November 2011 "Muster des Monats" war, kommt auf Teneriffa vor. Man sieht ihr an, dass sie dünnflüssig an die Oberfläche gekommen und dort beim Abfließen allmählich erstarrt ist:

Hier passt die Bezeichnung Stricklava besonders gut:  

Hier kommt einem eher das Synonym Gekröselava in den Sinn:

Mancherorts kann man sowohl die Oberflächenstruktur (Kissen oder Fladen) als auch den Aufbau im Inneren des Gesteins erkennen (Basaltsäulen):

Basaltsäulen entstehen, wenn das Magma langsam abkühlt, und sind recht hart. Wenn das weichere vulkanische Gestein ringsum schneller verwittert, bleiben Basaltnadeln, -dome oder -mauern stehen - oder ein "Zahn" wie hier an der Westküste:

Um die Dimensionen zu verdeutlichen: Die Kanaren-Wolfsmilch mit ihren Kandelaber-artigen Trieben, die links vor dem Zahn wächst, ist etwa zwei Meter hoch. Hier derselbe Zahn, 575 Meter über dem Meer, vom Ortsteil Log Gigantes aus betrachtet (roter Kreis). Der Ortsteil verdankt seinen Namen den 450 Meter hohen Basalt-Steilklippen links vom Zahn:  

Eine weitere markante Erscheinungsform des Vulkangesteins sind sogenannte Lavabomben, die nach dem Auswurf im Flug erstarren und dabei durch die Rotation abgerundet werden. Die Oberfläche kühlt am schnellsten ab und wird als Erstes fest. Wenn danach wegen des Druckabfalls gegenüber dem Erdinneren in der Lava viel Gas frei wird, schwillt der Klumpen an, und die Kruste reißt auf. Man spricht dann von Brotkrustenbomben:

Besonders große, schwere Bomben gehen meist in der Nähe des Eruptionsorts nieder. Hier liegen sie vereinzelt zwischen Kanarenkiefern:

Wenn ein Lavastrom an der Oberfläche erstarrt, kann das Material in seinem Inneren noch lange flüssig bleiben. Oft bleiben nach seinem Abfließen Lavaröhren oder -höhlen zurück wie hier auf etwa 2000 Metern Höhe:

In dem etwa 30 Meter langen und drei Meter hohen Tunnel erkennt man noch den dynamischem Übergang zwischen dem flüssigen Material des unterirdischen Strom und dem erstarrten Gestein an den Wänden und der Decke:

Andere Höhlen entstehen durch die Erosion weicheren Vulkangesteins zwischen harten Basaltmauern:

Überhaupt macht die unterschiedlich schnelle Erosion der weicheren und härteren Vulkangesteine die Landschaft Teneriffas so vielfältig. Hier im Vordergrund links ein Teil der berühmten Roques de García inmitten der weitgehend flachen Cañadas, die ein Überrest einer gigantischen Eruption des Teide-Vorläufers sind:

An Tafelbergen wie dem Guajara bricht der harte, aber rissige Basalt oft fast senkrecht ab:

An der Bergstation der Teide-Seilbahn, 3555 Meter über dem Meer, beleben vom Wind abgeschliffene Bimsblöcke das Bild. In die Cañadas in der Bildmitte hat sich dunkle Lava ergossen; dahinter ragt der alte Kraterrand auf, und hinter diesem erahnt man im Dunst die mit Plastikfolie bedeckten Plantagen an der Südküste:

Das Vulkangestein überrascht immer wieder mit lebhaftem Farbspiel, hier etwa am Gipfel des Garachico:  

Auch auf dem Guergues-Steig neben der berühmten Masca-Schlucht ist das Gestein zum Teil ziegelrot ...

... und es wurde prompt zu einer ästhetisch ansprechenden Wegbegrenzung verarbeitet:

Die Kletterfelsen am Fuß des Guajara sind orange ...

... und nicht weit von ihnen finden sich schwefelgelbe und weiße Schichten: 

Die bekannte Mondlandschaft (Paisaje de Lunar) erstrahlt fast weiß ...

... ebenso wie einige Flecken knapp unterhalb des Teide-Gipfels, die sich auf den ersten Blick kaum von den Schneeresten unterscheiden:

Das große beige Feld unter der Teide-Spitze auf den beiden Fotos der Roques de García und der Guajara-Basaltwand, weiter oben, besteht tatsächlich nicht aus Schnee, sondern aus solchem Gestein.

In diesem Konglomerat sind hellgraue "Tischtennisbälle" in eine dunkelgraue Matrix eingebettet:

Und dieses Prachtexemplar ist nicht etwa in einer barocken Kirche zu finden, sondern liegt einfach so in der Natur herum:

Einige Stücke der scharfkantigen, porösen, dunklen ʻAʻā-Lava in den Gebieten der jüngeren Vulkanausbrüche schillern in allen Regenbogenfarben:

Vermutlich sind hier Metalle sehr heiß geworden. Jedenfalls sitzen die Farbflecken - anders als etwa auf einer öligen Pfütze oder einer Seifenblase - immer an denselben Stellen, auch wenn man das Stück wie hier um 90 Grad dreht: Gelb bleibt gelb, violett bleibt violett und so weiter.

Einen ganz zarten Regenbogen-Hauch erkennt man auch auf den linken Flächen dieses Obsidian-Stücks, aber hier hängt der Effekt vom Einfallwinkel des Sonnenlichts ab:

Obsidian ist ein vulkanisches Glas. Man findet es an den unmöglichsten Stellen, etwa hier rechts in einer erodierten Bimswand:

Bei aller Farbenpracht und allem Formenreichtum: Recht große Flächen in der Nähe der jüngsten Eruptionsorte sind einfach von scharfkantiger, lebensfeindlicher, dunkler Brockenlava bedeckt: 

Man kann stundenlang durch eine weitgehend sterile Mondlandschaft wandern wie hier am Volcán de la Botija. Am Horizont sehen wir links die Inseln El Hierro und La Gomera und rechts die beiden Gipfel von La Palma:

Zuweilen gehen ältere Böden, auf denen schon Bäume Fuß fassen konnten, recht abrupt in das lebensfeindliche Terrain über, das die jüngsten Ausbrüche hinterlassen haben:

Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Vegetation diese Flächen erobert. Den Anfang machen Flechten, die ihren Wasserbedarf aus dem Nebel stillen, und irgendwann weht der Wind Samen in geschützte Nischen:

Kommen wir zur Nutzung der vulkanischen Ressourcen durch die Menschen. Ein großes Problem ist die ungleichmäßige Verteilung der Niederschläge auf Teneriffa, das an der Nordseite vom Passat bestrichen wird, dessen Wolken sich beim Aufstieg abregnen oder zumindest Nebeltröpfchen zurücklassen, während im Süden Dürre herrscht. Zudem hält vulkanisches Gestein Niederschläge kaum fest; das Wasser fließt sehr schnell ab. Daher haben sowohl die Guanchen (die ausgestorbenen Ureinwohner der Kanarischen Inseln) als auch nach ihnen die europäischen Siedler ihre Insel aufwändig mit Kanälen und Tunneln überzogen, um das Wasser dorthin zu lenken, wo es benötigt wird. In einen Tunnel sind wir ein Stück hineingegangen. Er steigt leicht an, und da die Nachmittagssonne vom Meer - hinter und unter uns - reflektiert wurde, konnten wir erstaunlich weit ins Innere blicken:  

Oberirdisch wurde das Wasser vor der Einführung der mittlerweile allgegenwärtigen Plastikrohre in Kanälen weitergeleitet, die aus Tuff gehauen wurden. Dieses Gestein ist gut zu bearbeiten und auch nicht allzu schwer. Die einzelnen Stücke sind etwa 80 Zentimeter lang: 

Die Geröllhalden, die die Erosion rings um die Vulkangipfel geschaffen hat, wurden terrassiert, um sie zu bewirtschaften. In die Felswände schlug man Lagerhöhlen, Ställe und ganze Höhlenhäuser. Hier sehen wir oben aufgelassene Terrassen, unten noch bewirtschaftete Felder (unter anderem Anis) und in der Wand einige Lagerhöhlen:

Auch hinter diesen Eingängen verbirgt sich ein geräumiges Lager-Labyrinth:

Mit hartem Vulkangestein wurden runde Dreschplätze gepflastert, die traditionell ein Sonnen- oder Wagenrad-Muster schmückt:

Die Dreschplätze liegen allesamt recht exponiert, oft - wie hier - in Sätteln, sodass der Wind die Spelzen davontragen konnte:

Man kann es sich heute kaum noch vorstellen, aber auf Teneriffa wurde früher auf Abertausenden winziger Terrassen viel Getreide angebaut, vor allem Weizen und Mais. Gofio, geröstetes Getreidemehl, war ein Grundnahrungsmittel. Das Dreschen übernahmen mancherorts Dromedare, die im Kreis geführt wurden; das afrikanische Festland ist nah.

Selbstverständlich bauten die Menschen auch ihre Häuser aus Vulkangestein. Dabei wurden oft nur die Ecken mit großen, schweren, professionell zugeschnittenen oder gehauenen Blöcken stabilisiert und der Rest mit lokalem Gestein aufgefüllt: 

Gelegentlich trifft man auf Höhlen, die zu klein und zu unregelmäßig sind, um als Stauraum oder Behausung zu dienen. Hier wurde stattdessen etwas abgebaut, und zwar der Kies aus der weißen Schicht:

Mit diesem weißen Bims-Kies, Jable genannt, wurden und werden vor allem im sehr heißen und trockenen Süden der Insel die Felder bedeckt, hier etwa ein Kartoffelacker:

Mit Poren haben wir angefangen, mit Poren enden wir: Das helle Gestein reflektiert das Sonnenlicht, und seine winzigen Löcher nehmen das Wasser auf, das heutzutage mit dünnen Schläuchen tröpfchenweise an die einzelnen Pflanzen abgegeben wird. Der Bims hält die Feuchtigkeit, die andernfalls wirkungslos verdunsten würde.

Zur Erntezeit wird der Kies beiseite geharkt, und die Bauern ziehen herrliche kleine Knollen aus der "Erde", die sich wunderbar zu einer Nationalspeise der Kanaren verarbeiten lassen: Papas arrugadas, zu Deutsch Runzelkartoffeln.