Auf dem Balkon neigt sich die Blumensamenernte dem Ende zu. Unter anderem habe ich viele Ringelblumensamen eingesammelt. Früher fragte ich mich oft, ob auch die hellen Bumerang- und Schiffchen-förmigen Dinger vom äußersten Rand der Blütenkörbe Samen sind oder nur die Kümmel-ähnlichen Kringel, die sich etwas weiter innen befinden. Inzwischen weiß ich: Ja, das sind alles vollwertige Samen beziehungsweise Schließfrüchte (Achänen). Auch in alten Lehrbüchern wird die sogenannte Heterokarpie (Verschiedenfrüchtigkeit) der Ringelblume hervorgehoben:
Dass alle drei Samentypen am Rand entstehen, liegt an der Geschlechtertrennung. Die gelben Zungenblüten im folgenden Bild sind allesamt weiblich, die rotbraunen Knospen in der Mitte des Blütenkorbs werden zu männlichen Röhrenblüten:
Hier noch einmal aus der Nähe und von der Seite betrachtet:
Später reifen die Früchte heran, und zwar ganz außen sogenannte Kahnfrüchte und Hakenfrüchte:
Von oben erkennt man auch ein paar kleinere, noch unreife Ringel- oder Larvenfrüchte, so genannt, weil sie sich wie Insektenlarven zusammenkrümmen. In der Mitte sehen wir die Überreste der männlichen Röhrenblüten:
Warum aber bringt die Ringelblume drei Fruchttypen hervor? Sie optimiert damit ihre Ausbreitungschancen. Die Kahnfrüchte mit ihren breiten "Segeln" können von kräftigem Wind ein ganzes Stück davongeweht werden. Oder sie verfangen sich mit ihren Ausläufern im Fell vorbeistreifender Tiere (auf dem Balkon kommt nur das Eichhörnchen infrage, das hier dauernd Eicheln versteckt):
Noch stärker setzen die langen, schmalen Hakenfrüchte auf den Transport im Fell von Tieren:
Die kleinen Larvenfrüchte werden dagegen gerne von Ameisen eingesammelt und davongetragen, weil sie einen hohen Fettgehalt haben:
Die Punkte auf dem Papier haben einen Abstand von fünf Millimetern; diese Samen sind also wirklich klein genug für Ameisen - manche nur drei, vier Millimeter lang:
Die drei genannten Ausbreitungswege werden als Anemochorie (Wind), Epizoochorie (auf Tieren) und Myrmechorie (Ameisen) bezeichnet.
Übrigens bereichern Ringelblumen nicht nur den Speisezettel der Ameisen und jener Insekten, die den Nektar und Pollen sammeln und die Blüten dabei befruchten. Sie sind auch für Menschen genießbar, wie viele andere Blüten auf unserem Balkon auch: