Solche alleine vor einer Kliffküste stehenden Felssäulen nennt man Brandungspfeiler. Wie kommen sie zustande?
Diese Brandungspfeiler befinden sich an der Küste der Insel Skye im Westen Schottlands - den genauen Ort kann ich leider nicht mehr rekonstruieren, da die Bilder schon fast ein Jahrzehnt alt sind.
Brandungspfeiler gibt es praktisch an allen Steilküsten. Deutschland hat vor Helgoland die berühmte Lange Anna, die 1860 entstand, und die Kurze Anna, die sich 1976 bildete; ansonsten fehlen in Deutschland aber geeignete Steilküsten. Bilder der Langen Anna habe ich nicht, aber hier sind die Reynisdrangar vor der Südküste Islands:
Wie entstehen nun diese Strukturen? Die Reynisdrangar entstanden, als einige Trolle ein Schiff an Land zu ziehen versuchten, dabei aber vom Morgengrauen überrascht wurden und durch das Sonnenlicht zu Stein erstarrten. Auch der Norden und Westen Schottlands war von Wikingern besiedelt, ob es dort aber auch Trolle gab, konnte ich nicht herausfinden, also brauchen wir wohl für die Brandungspfeiler auf Skye eine andere Erklärung.
Es beginnt damit, dass viele Küsten nicht gerade sind, sondern eine Folge von kleineren Buchten bilden, zwischen denen sich Landzungen befinden. Man sieht dies schön an diesem Küstenabschnitt um den Siccar Point an der Ostküste etwas südlich von Edinburgh (siehe auch Muster des Monats, 07/2009):
Durch die Brandung werden nun diese Buchten immer weiter erodiert, und die Landzungen werden ebenfalls von der Seite erodiert und dadurch immer schmaler. Dabei kann es vorkommen, dass die Landzungen schließlich durchbrochen wird, sodass ihre Spitze als isolierte Insel oder als Pfeiler stehen bleibt.
Für Brandungspfeiler ist zudem wichtig, dass die Küste aus festem Gestein gebildet wird, sodass das Gestein überhaupt eine Steilküste bildet und ein hoher Pfeiler stabil genug ist. Besteht die Küste aus relativ lockerem Gestein, so rutscht der Hang ständig nach und bildet keine steile Klippe; dies ist bei dem Foto von Siccar Point der Fall. Die Reynisdrangar auf Island bestehen aus Basalt, einem sehr stabilen Vulkangestein. Die Gesteine der Brandungspfeiler von Skye kann ich leider anhand der alten Fotos nicht mehr rekonstruieren (und die Geologie von Skye ist sehr komplex).
Intuitiv erscheint es etwas seltsam, dass eine Landzunge von der Seite immer weiter erodiert wird und nicht von der Spitze, die ja ins Meer hinaus ragt und eigentlich den Elementen viel stärker ausgesetzt sein sollte. Doch die Wellenrichtung an der Küste ist komplizierter. Wenn eine Welle auf eine Küste zuläuft, wird sie umso langsamer, je flacher das Wasser ist. Dies führt dazu, dass die Welle gebrochen wird (also ihre Richtung ändert), und zwar in Richtung der Küste. Daher treffen Wellen - ganz gleich, welche Richtung sie auf hoher See haben - relativ senkrecht auf die Küstenlinien. An der Landzunge gilt dasselbe: Die Wellen werden zur Landzunge hin gebrochen. Das folgende Bild illustriert, wie sich die Richtung von Wellen ändert, die von links oben auf eine Küste mit einer Landzunge zulaufen:
Daher wird die Landzunge auch an ihren Seiten durch die Brandung erodiert, bis sie schließlich zu dünn wird.
Am folgenden Bild (wiederum aus Island) erkennt man ebenfalls recht schön, wie die Brandung in eine Bucht hineinläuft und den Strand im Inneren der Bucht erodiert, sodass die Bucht immer tiefer werden dürfte.
Dies ist übrigens einer der "schwarzen Strände" von Island; der Sand besteht aus schwarzem Basalt, da dies das einzig vorkommende Gestein ist. Die uns eher vertrauten weißen Strände der Nord- und Ostsee dagegen bestehen vor allem aus Quarzsand, weil Quarz das härteste häufig vorkommende Mineral ist und daher nach langem Transport durch Flüsse und Umlagerungen im Meer als letztes übrig bleibt.
Im Einzelfall kommt hinzu, dass das Gestein selten homogen ist, sondern Schichten oder Bereiche enthält, die der Erosion besser widerstehen als andere. Daher ist jeder Ort einzigartig, und es gibt an Küsten immer viel zu sehen. Hier sind noch ein paar Bilder von demselben Küstenabschnitt auf Skye:
... sowie ein paar Bilder von der Hebriden-Insel Lewis:
Trolle sind also an der Bildung von Brandungspfeilern wohl doch nicht beteiligt. Doch bei der Beschäftigung mit Naturerscheinungen stößt man immer wieder auf Legenden, in denen auffällige Merkmale, die man sich spontan nicht so recht erklären kann, mit dem Wirken irgendwelcher bewusster oder intelligenter, oft mystischer Wesenheiten in Zusammenhang gebracht werden.