Der erste Teil der Überschrift erklärt sich durch dieses Bild auf Anhieb: Es geht um Schneckenhäuser auf Baumstämmen. Aber was treibt die Schnecke da? Und was, bitte, ist ein Populetum? 

Auch darauf gibt das Eingangsfoto einen Hinweis: Diese raue, längsrissige Borke gehört ziemlich klar zu einer Pappel (Gattung Populus). Ein Populetum ist ein Arboretum mit Pappeln. Ein Arboretum wiederum ist eine besondere Art der Baumschule, nämlich eine zu Forschungszwecken angelegte Pflanzung von Bäumen (lateinisch arbores).

Im sogenannten Weißer Bogen, einem an drei Seiten vom Rhein umgebenen Landschaftsschutzgebiet im Kölner Süden, gibt es Reste eines Populetums, das in den 1960er-Jahren angelegt wurde, um das Wachstum und die Robustheit möglichst vieler Pappelarten und -sorten aus aller Welt zu testen. Das Projekt war nie wirklich gut in Schuss und wurde Anfang der 1990er-Jahre endgültig aufgegeben. Aber Reste des alten Pappelbestands trifft man hier noch an:

Als ich diese Woche an einem der letzten schönen Sommertage im Weißer Bogen spazieren ging, entdeckte ich nicht nur die eingangs gezeigte Weinbergschnecke, die ungefähr in Brusthöhe am Stamm klebte, sondern auch diese Bänderschnecke auf einem erheblich jüngeren Baum daneben, bei dem es sich auch um eine Pappel handeln könnte - ich habe offen gestanden nicht auf die Baumart geachtet:

Gegen Ende des Spaziergangs kam ich noch einmal an eine Stelle, an der mehrere benachbarte Bäume unterschiedlicher Art mit Weinbergschnecken dekoriert waren - wiederum alle gut einen bis knapp zwei Meter über dem Boden. Auf der Borke unterhalb dieses vom Kalk hell gefärbten Exemplars sieht man noch eingetrocknete Reste einer Schleimspur:

Die Schnecke am Nachbarbaum war bunter. Man erkennt das pergamentartig eingetrocknete Material, mit dem sie sich angeheftet und von der Umwelt isoliert hat:

Der eingetrocknete Schleim hält so gut, dass dieses ebenfalls schön braun gestreifte Exemplar ohne Weiteres an einem dünnen Zweig hängen kann:

Aber warum klettern die Schecken überhaupt an den Bäumen hoch, um sich dort in ihre Gehäuse zurückzuziehen - und zwar massenhaft und artübergreifend? Darüber finde ich erstaunlich wenig überzeugende Informationen. Es handelt sich nicht um eine Überwinterungsmethode: Schließlich haben wir August, und Weinbergschnecken graben sich im Herbst in den Boden ein, um im Frühjahr wieder zum Vorschein zu kommen. (Weinbergschnecken können etliche Jahre alt werden - 8 bis 12 Jahre in der Natur, bis zu 20 Jahre in Haltung.)

Und es geht wohl auch nicht um eine Trockenstarre, denn erstens verkriechen sich diese Schnecken auch in Dürrezeiten eher im Boden, und zweitens hat es diesen Sommer nun wirklich genug geregnet!

Dann ist es vielleicht das Gegenteil: eine Flucht vor Überschwemmungen? Dazu würde die nahezu konstante Höhe passen. Oder die Schnecken vermeiden es auf diese Weise, von Fressfeinden wie Igeln vertilgt zu werden. Eine weitere im Netz genannte Erklärung für die Kletterei: Schnecken leben unter anderem von Algenrasen, die sie mit ihrer Raspelzunge oder Radula von Oberflächen schaben, und auf Baumrinden wachsen solche Algen. Nur warum habe ich dann ausschließlich festgeklebte "Baumhäuser" gesehen und keine einzige fressende Schnecke? Ich muss das hier offen lassen und wäre dankbar für Hinweise auf gute Literatur zu dieser Frage.

Über das Populetum im Weißer Bogen, das auf der verwitterten Übersichtskarte an der Anlegestelle der Fußgänger- und Fahrradfähre "Krokolino" als "Internat. Pappelversuchsanbau" bezeichnet wird, gibt es dagegen einen schönen Aufsatz, den ich auch Freundinnen und Freunden altertümlicher Forstverwaltungssprache ans Herz legen möchte - enthält er doch Perlen wie den "Internationalen Pappelkongress in Brüssel", das "Unterkomitee für Nomenklatur und Registrierung des Executiv-Komitees der Internationalen Pappelkommission" und den "Förderverein für schnellwachsende Baumarten e.V."!