Bei einem Spaziergang an einem trüben Tag "zwischen den Jahren" kam ich in Nordfriesland an einer Birke in einem großen Vorgarten vorbei, deren Krone mit sogenannten Hexenbesen durchsetzt ist.
Hier noch einmal der ganze Baum in der Abenddämmerung - die so weit im Norden schon früh am Nachmittag einsetzt. Ich zähle etwa ein Dutzend dieser dichten Knubbel aus kurzen, dünnen Zweigen:
Verursacht werden diese "Wachstumsstörungen", bei denen örtlich massenhaft schlafenden Knospen aktiviert werden und neue Zweige bilden, in der Birke zumeist durch den Befall mit einem Schlauchpilz, Taphrina betulina. Der Pilz manipuliert das Wachstumshormonsystem seiner Wirtspflanze, was in diesem Fall eine Verzweigungsanomalie auslöst. Es handelt sich also um einen Typ von Pflanzengallen. (Über dieses Phänomen will ich hier schon länger schreiben, aber das Thema Pflanzengallen ist furchtbar komplex und noch unzureichend erforscht; daher dauert es noch etwas mit dem Überblicksartikel.) Hier ein Foto mit vollem Tele, in dem man erkennt, dass es sich wirklich um Zweiglein mit winterlichen Blattknospen handelt:
Von den Hexenbesen, die durch Parasiten wie Pilze oder Viren verursacht werden, muss man die Maserknollen unterscheiden, die am Stamm entstehen, wenn dieser verletzt wird - etwa durch das alljährliche Abschneiden der sogenannten Wasser- oder Angstreiser, die austreiben, wenn ein Baum durch das Laub seiner Krone nicht genug Photosynthese betreiben kann und daher außerhalb der Krone weitere Zweige bildet. Auch hier werden schlafende Knospen aktiviert, allerdings am Stamm. Verursacht wird das etwa durch einen starken oder unprofessionellen Rückschnitt der Krone, aber das scheint hier nicht der Fall zu sein, Vielleicht haben die erst kürzlich gekappten Bäume an der Straßenfront der Birke zu viel Licht geraubt:
Die Birke ist nämlich eine typische Pionierpflanze, die gerne lichte Stellen besiedelt. Mit Konkurrenz, die ihr auf die Pelle rückt und sie beschattet, kommt sie schlecht zurecht.
Da Hexenbesen durch Pflanzenpathogene ausgelöst werden, treten sie oft örtlich gehäuft auf: Die Birken "stecken sich an" bei ihren bereits befallenen Nachbarn. So waren auch hier etwa 30 Meter weiter noch mehr Hexenbesen zu sehen:
Diese Verzweigungsanomalien werden einer ansonsten gesunde Birke zum Glück nicht gefährlich. Nur wenn ein bereits anderweitig geschwächter Baum viele große Hexenbesen tragen muss, auf denen sich womöglich Schneemassen ansammeln oder die durch den Regen zu schwer werden, können Äste abbrechen und so Einfallstore für weitere Schädlinge entstehen.