Als ich gestern im Park vor dem Schwimmbad an diesem Baumstamm vorbeikam, dachte ich erst an Vandalismus oder an eine Baumkrankheit infolge der Witterungsextreme der letzten Jahre und Wochen. Aber die anderen Bäume in der Reihe sahen genauso aus: Überall platzte die Borke ab. 

Außerdem sah das Laub in den Kronen gesund aus:

Hier und da bilden sich noch neue Blätter, die betörend rot gefärbt sind - ein Werk der Anthocyane, wie ich hier im Februar erklärt habe:

Da fiel mir wieder ein, dass ich diese exotische Baumart kenne und sie sogar schon in der Baumkolumne vorgestellt habe. Es ist der Persische Eisenholzbaum, auch Parrotie genannt.

Alle Exemplare in der Reihe sind gerade dabei, ihre mit Flechten bewachsene Schuppenborke abzusprengen, die ihnen zu eng geworden ist:

Aus der Nähe erkennt man sowohl auf den alten Schuppen als auch auf der darunter zum Vorschein kommenden, noch hellen Rinde Lentizellen oder Korkwarzen, die den Bäumen das "Atmen" ermöglichen, also den Gasaustausch zwischen der Umgebung und den inneren Rindenschichten:

Dieses Detailbild rief mir ein ganz ähnliches Motiv in Erinnerung, das ich vor ziemlich genau drei Jahren fotografiert habe, im Juli 2018:

Hier handelte es sich um eine Platane, die ebenfalls gerade ihre Schuppenborke absprengte. Und zwar gründlich, wie mir damals ein Blick nach oben zeigte:

Das machen die Platanen ungefähr alle drei Jahre im Sommer. Also ist es wieder so weit - und tatsächlich liegen in der Platanenallee vor unserem Haus derzeit jede Menge große Borkenplatten herum:

Auch ein Blick durch die Balkontür zeigt, dass die Platanen gerade wieder aus dem Leim gehen und ihre zu engen Hemden sprengen - manchmal knallt das sogar wie Pistolenschüsse. Der große Baum auf dem Schulhof trägt gerade Flecktarn; von Hellgelb über Algengrün bis Dunkelgrau sind alle Farbschattierungen vertreten:

Das ist ein ganz normaler Prozess und kein Anzeichen dafür, dass es den Bäumen schlecht geht. Die tote Borke ist starr, die lebendigen äußeren Jahresringe des Holzes lassen den Umfang des Stamms und der Äste jedes Jahr ein wenig anschwellen. Im Sommer, wenn die Bäume besonders viel Wasser aus dem Boden saugen und über die Blätter abgeben, pulsiert der Stammumfang im Tages- und Nachverlauf regelrecht, sodass die Borke irgendwann auf- und schließlich abplatzt.

Bis 2024 sollte jetzt wieder Ruhe sein!