Vergangenes Wochenende haben ich so viele Schwarz-Erlen gesehen wie schon ewig nicht mehr: Gleich zu Beginn einer Wanderung im Westerwald saß ein Kernbeißer im Wipfel einer Erle, umrahmt von Kätzchen und "Zäpfchen", also von den diesjährigen männlichen Blüten und den letztjährigen weiblichen Fruchtständen dieses einhäusigen Baums.

Der Wanderweg führte uns an mehreren Bachläufen entlang, die von Hunderten Exemplaren dieses feuchtigkeitsliebenden Pionierbaums gesäumt waren:

Kürzlich las ich, der typische Habitus, also gewissermaßen der Scherenschnitt einer Schwarz-Erle sei koniferenartig. Das springt bei den bisher gezeigten Exemplaren nicht gleich ins Auge. Gemeint ist, dass der Stamm sich bis in die höchste Krone durchzieht, statt sich - wie bei anderen Laubbäumen üblich - in mehrere dicke Hauptäste aufzuteilen. Am besten erkennen wir das im Winter, und auch das nicht bei allen Exemplaren: Manche haben auch breitere Silhouetten. Aber diese Erle am (besser gesagt, hochwasserbedingt: im) Rhein in Köln erinnert mit ihrer spitz dreieckigen Kontur wirklich an einen Weihnachtsbaum, der seine Nadeln verloren hat:

Unterstrichen wird diese Nadelbaumhaftigkeit durch die Gestalt der weiblichen Fruchtstände, die wie Zapfen aussehen: 

Das alte Laub, das im Februar noch an manchen Zweigen hing, macht aber unmissverständlich klar, dass dies kein Nadelbaum ist:

Charakteristisch für die Blätter der Schwarzerle sind die, nun ja, stumpfen Spitzen. Daneben hängen hier die rötlichen, langgestreckten, noch geschlossenen männlichen Blütenstände und an anderen Triebspitzen die unreifen weiblichen Blütenstände, aus denen im Lauf des Jahres die nächste Generation von Pseudo-Zapfen wird:

Nicht nur an den Bächen im Westerwald und in den Rheinauen stehen Erlen, sondern beispielsweise auch am Teich im Kölner MediaPark. Die Art mag feuchte Böden, in denen sie sich mit ihren Pfahlwurzeln fest verankert, sodass auch ein Hochwasser sie nicht zu Fall bringt. Ihre Samen, die aus den "Zapfen" fallen, können gut schwimmen und lassen sich vom Wasser gerne an neue Siedlungsplätze tragen. Denn als Pionierbäume brauchen Erlen viel Licht und vertragen keine Konkurrenz - ähnlich wie Birken und Sal-Weiden, die wir auf der Westerwald-Wanderung ebenfalls in großer Zahl sahen.

Erlenholz ist an der Luft nicht besonders witterungsbeständig, wohl aber unter Wasser. Das wussten schon die jungsteinzeitlichen Pfahlbauten-Siedler, die sie etwa in den Bodensee-Uferschlamm rammten, um ihre Häuser darauf zu errichten.